Auch der Himmel machte blau

Freitag, 02. Oktober 2020
Serie Dänemark S1 • E1
Google Maps Henne Strand
post_0926_auch_der_himmel_machte_blau_1 Kleiner Fischkutter am Strand.

Lesedauer: 4 Minuten

Habt ihr auch so was wie ein Sehnsuchtsland? Ein Land, wo ihr einfach überall sein könnt und es ist einfach toll? Ein Land, wo alle Gedanken von jetzt auf gleich positiv werden und eure Seele direkt auftankt? Ein Land, das allen Stress und Ärger der Vergangenheit vergessen lässt?

Für mich ist dieses Sehnsuchtsland Dänemark und genau wie den Begriff Dansk Hygge so fällt es mir auch extrem schwer zu erklären, warum es so ist. Ist es kindliche Prägung durch zahlreiche, super tolle Sommerurlaube oder ist da eben doch neben Meer noch mehr?

In jedem Fall muss man meiner Meinung nach beides erlebt haben und dann braucht es auch keine Worte der Erklärung mehr. Für mich gibt es zwei Titel des deutschen Pop-Duos Bruckner, die kurz und knapp aber extrem treffend genau dieses Gefühl wiedergeben. Da ist zum einen Für immer hier und zum anderen Besser wird’s nicht. Hört einfach mal rein und ...

Meine Akkus jedenfalls waren nach Monaten der Anstrengungen fast auf Null und meine Seele schrie schon förmlich nach einem Aufenthalt in genau diesem Sehnsuchtsland. Eigentlich wollte ich auch schon im Mai nach Dänemark. Die Covid-19-Pandemie und ein sehr kurzfristig gekommenes Projekt machten dem aber einen dicken Strich durch die Rechnung.

Letzte Woche hatte ich nun endlich nach langer, viel zu langer Zeit mal wieder Urlaub und alle Zellen meines Körpers zog es in mein Sehnsuchtsland. Ich schaute auf den sehr ausgedünnten Ferienhausmarkt und mietete eine kleine aber sehr feine Bude.

Und ich sollte noch mehr Glück haben, denn auch meine Lütte durfte mit und so bekam Dänemark als der Sechser im Lotto mit meiner Lütten noch die Zusatzzahl oben drauf. Pure Glückseligkeit!

post_0926_auch_der_himmel_machte_blau_2 Die neun Meter hohe Skulpturengruppe Mennesket ved Havet in Esbjerg.
So machte ich mich Samstagmorgen nach einem ausgiebigen Frühstück mit meiner Lütten und einem vollgepackten Auto auf den Weg in das laut Statista zweitglücklichste Land der Welt 2020.

Dafür mussten wir aber erst das Land auf Platz 17 dieser Liste hinter uns lassen und das sollte sich als unerwartet schwer erweisen!

Da war die mir zunächst unbekannte Sperrung des Elbtunnels, die dafür sorgte, dass der gesamte Urlaubsverkehr nach Dänemark über die A1 und A21 fließen musste, bevor es wieder auf die A7 gehen konnte.

Fließen ist dabei dann vielleicht nicht das richtige Wort, denn kurz vor Stapelfeld verloren wir in einem Stau vor einer Baustelle die erste Stunde unseres Urlaubs. Weitere 30 Minuten verloren wir im gesamten Reiseverlauf allein aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens auf dafür nicht ausgelegten Straßen.

Vor der Rader Hochbrücke dann eine weitere Stunde und da die Dänen nicht nur wegen der afrikanischen Schweinepest Grenzen abriegeln, standen wir eine weitere Stunde an der dänischen Grenze an, wo die dänischen Grenzer ihren Job bzgl. Corona-bedingter Kontrollen sehr gewissenhaft machten und doch erstaunlich viele Urlauber zur Kontrolle an die Seite baten.

Aber keine zwei Kilometer in Dänemark und die Erholung begann und der innerliche Reisestress löste sich in Wohlgefallen auf. Nach siebeneinhalb Stunden und damit erst nach fast der doppelten Reisezeit erreichten wir endlich mit Henne Strand unseren Urlaubsort für die nächsten sieben Tage.

post_0926_auch_der_himmel_machte_blau_3 Henne Strand im Septmeber.
Wir empfingen den Schlüssel zu unserer Bude und bezogen diese. Und natürlich mussten wir noch am gleichen Abend der größten Sandkiste der Welt, wie ich dänische Strände immer gerne bezeichne, einen aktiven Besuch abstatten. Und ja, ich war noch nicht in der Sahara!

Sechs tolle, aufregende, erlebnisreiche aber auch extrem lustige, glückliche und damit auch entspannende Tage folgten. Wir ließen es uns kulinarisch richtig gut gehen und genau diese dänische Kulinarik könnte auch einer der vielen Gründe sein, warum ich Dänemark als mein Sehnsuchtsland bezeichne.

Wir hatten mit unseren Aktivitäten unheimliches Glück, denn nicht nur Papa, sondern auch der Himmel machte in der Urlaubswoche blau und damit zumindest bzgl. des Himmels immer dann, wenn wir das brauchten. Zusätzlich spielten die Temperaturen mit um die 20°C für Mitte / Ende September auch noch gut mit. Genau das richtige Wetter um dänisches Softeis mit salzigen Lakritzstreuseln in der Sonne mit einer leichten Brise zu genießen. Herrlich oder einfach dänische Lebensart!

Erster besonderer Aktivitätspunkt unseres Aufenthalts war ein Besuch der Tolk-Schau in der Nähe von Schleswig und das bei herrlichstem Spätsommerwetter. Zwar mussten wir den ganzen Tag unsere Alltagsmaske tragen. Das tat dem Spaß aber kein Ende, denn aufgrund der Corona-Pandemie war der Freizeitpark mit seinen vielen Fahrgeschäften und Aktivitäten vergleichsweise leer.

Wir genossen die Sommerrodelbahn, die Teppichrutsche, wie ihr sie sicherlich vom Oktoberfest kennt und die Seilbahn. Meine Lütte konnte endlich mal reiten, bis der Arzt kam, wenn auch auf etwas steifen Gäulen und auch als Traktoristin gab sie ein verdammt gutes Bild ab.

Absolutes Highlight war für uns beide aber die Wasserrutsche, bei der man sich in ein kleines aufgeblasenes Schlauchboot setzt und dann eine rasante Abfahrt erlebt. Bei uns beiden war diese sogar so rasant, dass wir bei der letzten Kuppe regelmäßig abhoben und zum fliegenden Schlauchboot wurden.

Ein Heidenspaß... Eine fast Sechsjährige, die vor Respekt nur durch zugekniffene Augen luscherte und die Abfahrt so voller Adrenalin erlebte, dass wir immer wieder die vielen Stufen zur Abfahrt hochlaufen mussten. Aber auch ein 45jähriger, der wieder zum Kind wurde und vor Freude und Spaß lauthals juchzte.

post_0926_auch_der_himmel_machte_blau_4 Fütterung der Raubtiere im Fiskeri- og Søfartsmuseet in Esbjerg.
Zweiter besonderer Aktivitätspunkt unseres Aufenthalts war ein Besuch des Fimus bzw. des Fiskeri- og Søfartsmuseet in Esbjerg. Auf dem Weg dahin wurden dann reichlich Erinnerungen an einen Übungsplatzaufenthalt meinerseits in der Region Blåvand geweckt, denn ein dänischer Brigade-Stab samt seiner Logistikeinheiten war großflächig am Üben.

Das Fiskeri- og Søfartsmuseet erinnerte ich noch gaaaaanz ganz grob aus einem Besuch in meiner Kindheit. Und um ehrlich zu sein erinnere ich mich eiigentlich sogar nur grob an die dort gehaltenen Seehunde.

Aber, das Fiskeri- og Søfartsmuseet ist viel viel mehr als das Seehundbecken und auch mit einem fast sechsjährigen Kind ist ein Besuch aufgrund seiner abwechslungsreichen Gestaltung und Prägnanz einfach toll.

So hatten wir beide zusammen als auch jeder für sich unheimlich viel Spaß mit Seehunden, Kegelrobben, simulierten Hubschrauberflügen, Kutterrennen, Trampolinen, Rutschen, Fendern und Fischen.

Und ich alter Sack konnte auch endlich mal eines dieser typischen dänischen Fahrräder mit seinen für die Rahmengröße eigentlich viel zu kleinen Rädern benutzen, die ihr sicherlich auch aus den Filmen der Ohlsen-Bande kennt. Ein weiterer Haken auf der Bucketlist...

post_0926_auch_der_himmel_machte_blau_5 Die Kerzenwachstöpfe der Hvide Sande Lys.
Dritter besonderer Aktivitätspunkt unseres Aufenthalts war ein Besuch einer Kerzenzieherei in Hvide Sande. Wir verbrachten hier gut drei Stunden und meine Lütte zog ganz allein, sechs richtig gut gelungene, hübsche Kerzen. Sie machte das wirklich toll, denn Kerzenziehen geht mit reichlich Geduld einher.

Zwischen jedem Eintauchen muss man mindestens eine Minute warten. Wechselt man die Farbe, muss man sogar fünf Minuten warten. Und will man wie ich seine Kerzen letztlich noch mit einer schicken Marmorierung überziehen lassen, muss man sogar eine halbe Stunde warten.

Aber wir wussten diese lange Wartezeit am Ende gut zu nutzen, denn in der Nacht zuvor war ein Starkwindfeld an der dänischen Westküste aufgezogen und es hatte wie aus Kübeln geschüttet. Während unseres Aufenthalts in Hvide Sande war es aber trocken geblieben und so machten wir uns auf zur Nordmole, an der ich aufgrund des zu erwartenden Wellengangs eigentlich auf Wellenreiter hoffte.

post_0926_auch_der_himmel_machte_blau_6 Ein echter Könner am Ende der Leinen dieses Kites.
An der Nordmole angekommen, blies der Wind wie verrückt und auf dem tosenden Meer waren weit und breit keine Wellenreiter zu sehen. Schade aber schon als wir durch die Dünen zum Strand gingen, war etwas anderes zu sehen. Kites!

Für mich als ehemaliger Kitesurfer natürlich richtig geil. Wir hatten sieben Beaufort, in Böen sogar neun Beaufort und da waren knapp zwei Hände voll semiprofessioneller und ein sehr mutiger, weniger befähigter Kitesurfer auf dem Wasser.

Neben dem Walk of Shame der Kitesurfer-Szene bekam ich so auch hohe, lange andauernde, artistische Sprünge bzw. Flüge zu sehen und das alles bei gut zwei Meter hoher Brandung. Da verschwand der eine oder andere Kitesurfer durchaus auch mal ungewollt in einer tosenden, weißen Wand aus Wasser.

Das waren zwar nur 20 Minuten aber es waren für mich definitiv auch 20, extrem zu meiner Glückseligkeit beitragende Minuten, wenn auch mit einem kleinen, weinenden Auge... Aber keine Sorge, das lachende Auge überwog deutlich!!

post_0926_auch_der_himmel_machte_blau_7 Spätsommerlicher, leerer Strand von Henne Strand.
Als der Wind am nächsten Tag dann auf brauchbare Beaufort-Werte abgeschwächt war, kam ich dann auch endlich zu dem, was ich in Dänemark einfach immer versuchen muss und das ist Lenkdrachenfliegen.

Wir machten uns von unserer Bude auf einem kurzen Weg durch die Dünen auf zur größten Sandkiste der Welt, ich baute meine HQ Symphony Beach III 2.2 Rainbow Lenkmatte auf, lief zurück zu den Handschlaufen und nur einen bestimmten Ruck an den Leinen später war die bunte Matte am blauen Himmel.

Leider hatte der Wind aber schon so weit abgeflaut, dass das Fliegen für mich eher langweilig war. Aber des einen Leid ist des anderen Glück und so kam meine Lütte das erste Mal in ihrem Leben zu dem Vergnügen, natürlich mit Papa in ihrem Rücken, einen Lenkdrachen zu fliegen. Ein besonderer Moment zumindest mal für mich...

post_0926_auch_der_himmel_machte_blau_8 Und auch tolle Sonnenuntergänge kann Dänemarks Westküste im September.
Rückblickend war das absolute Highlight unseres Dänemark-Urlaubs aber der vierte besondere Aktivitätspunkt am letzten, vollen Urlaubstag und das war der Besuch im Schwimmbad von Søndervig.

Ein wirklich tolles Schwimmbad mit unterschiedlich tiefem Wasser, Wasserspielzeug, einer Wasserrutsche, einem Dampfbad und Saunen, wofür sich die längere Anfahrt absolut lohnte.

Die Wasserrutsche war wirklich gut designt und so war diese sowohl für Kinder geeignet und damit für diese nicht zu gefährlich, als auch für Erwachsene cool, weil man – die entsprechende Technik vorausgesetzt – auf extreme Geschwindigkeiten kommen konnte und so in den Steilkurven schon sehr am oberen Rutschenrand kratzte.

Und all das hatten wir von fünf Stunden vor Ort gut zweieinhalb Stunden ganz für uns allein. Der Hammer.

post_0926_auch_der_himmel_machte_blau_9 Me auf einem typisch, dänischen Lieferantenfahrrad.
Aber wie das mit allem Tollen ist... Es kann nicht ewig andauern und dann sagt man ja auch, man solle gehen, wenn es am Besten ist und so machten wir uns bei wieder schlechter und kälter werdendem Wetter zurück auf den Weg in die Heimat.

Diesmal war der anfängliche Weg durch Dänemark aufgrund einiger lahmer Deutscher eher zeitraubend. In Deutschland lief es dann verhältnismäßig rund und so war der Urlaub dann nach viereinhallb Stunden Fahrt in Escheburg wieder zu Ende.

Meine Lütte und ich hatten eine tolle, ganz intensive, gemeinsame Zeit voller unvergesslicher Erlebnisse und Erfahrungen, die uns auch Neider nie mehr werden nehmen können.

Meine Akkus sind wieder ein wenig geladen und vielleicht erlaubt die Sars-CoV-2-Pandemie uns ja im nächsten Frühling eine weitere Reise in das Land der zweitglücklichsten Menschen der Welt.

Mange tak for den store tid!


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