Der Scooter Run
Mittwoch, 12. Februar 2020



Lesedauer: 4 Minuten
Habt ihr schon mal an einem Scooter Run teilgenommen und das vielleicht nicht nur passiv, sondern wirklich aktiv mit euer eigenen Vespa oder Lambretta? Der letzte Scooter Run bei dem ich aktiv mit Anwesenheit glänzte sollte so ungefähr 25 Jahre her sein.25 Jahre, was für eine große Zahl. Aber nachdem ich in den letzten Jahren ja meine alte Vespa eigenhändig wieder auf Vordermann gebracht hatte und selbst wieder längere Ausfahrten sogar mit meiner Jugend-Clique unternommen hatte, ist meine nächste Teilnahme an einem Scooter Run in Norddeutschland sicher nicht mehr weit.
Und da traf es sich natürlich vorzüglich, als ich im November letzten Jahres von Gee das Programm zum Summit 2019 bekam und in diesem Programm wieder eine im letzten Jahr sehr beliebte Vespa-Tour ins Mekong-Delta aufgeführt war.
Ich hatte bei meinen vorherigen Besuchen in Hồ-Chí-Minh-City bereits häufig (asbachur-)alte, liebevoll gepflegte, knatternd durch die Innenstadt HCMCs fahrende Vespas und Lambrettas gesehen und mir fast schon gesundheitsgefährdend nach diesen den Hals verdreht.

Der Anblick von etwa 120 Vespas unterschiedlichen Alters schien auch meinem Grab-Fahrer zu gefallen. Beim Verabschieden zeigte er abwechselnd auf die Vespas und auf mich. Durch einen Daumen hoch zeigte ich ihm, dass ich da mitfahren würde und erwiderte mit einem Daumen hoch und sichtlicher Freude.
Tja, da standen sie nun, diese 120 Vespas unterschiedlichen Typs und Baujahres. Ich hatte mir in meiner Gruppe bereits ein wirklich besonders altes und gut gepflegtes rotes Largeframe-Exemplar ausgesucht, als ich beim Aufsteigen feststellen musste, dass ein anderer Teilnehmer den Bruchteil einer Sekunde schneller war und sich bereits auf den hinteren Sitz schwang.
Ich suchte mir schnell noch eine vergleichbar alte Vespa gleichen Typs, allerdings nicht ganz so schick und gut gepflegt. Weiteres vermeintliches Manko, der Fahrer war noch keine 20...

Auf Kommando der Tour-Leiterin wurden dann alle Vespa angekickt und genau das war der Moment, in dem ein fettes, breites Grinsen mein Gesicht für drei Stunden nicht mehr verlassen sollte. Wer jemals bei einem Scooter Run dabei war, wird das nachvollziehen können.
Dieser Sound, einfach der Hammer! Für mich es ja auch nicht einfach nur Sound, für mich ist das Musik in den Ohren, die gleichzeitig den Blutdruck gesund steigen lässt. Aber es war nicht nur diese Musik in den Ohren. Es war auch diese blaue Wolke, die uns von nun an umgab und die so vertraut nach verbranntem Zweitaktgemisch roch. Einfach geil.
Es ging dann auch direkt los und nicht das wir irgendwie besondere Strecken fuhren... Nein, wir mischten uns direkt in den morgendlichen Berufsverkehr und das mit 120 Vespa als Gruppe! Der absolute Hammer.

Ja, der Tacho meiner Vespa funktionierte nicht und zeigte stur 0 km/h an... Erinnerungen an meine alte Vespa wurden auch wach, als mein Fahrer die Hupe betätigte. Der Hupe fehlte einfach die Power, die Verkabelung schien also wie bei meiner Vespa daheim etwas überholungsbedürftig...
Das Wichtigste waren aber ja Motor, Bremsen und Stoßdämpfer und die waren in 1a Zustand. Interessant auch, dass für den Fall eines technischen Problems zwei Vespas ohne Gast ganz am Ende der Gruppe als Austauschfahrzeuge mitfuhren. Diese wurden aber nicht gebraucht. Spricht für den technischen Gesamtzustand der Kisten...
Auf der Tour in die ländliche Umgebung von Hồ-Chí-Minh-City machten wir noch ein paar Stops. Den ersten machten wir an einer vietnamesischen Vo-Dao-Schule. Jetzt fragt ihr euch bestimmt Vo-Dao? Was ist denn das?

Mangels Schülern oder Trainings war der Besuch aber eher langweilig und zum Glück mit 10 Minuten auch eher kurz gehalten worden.
Beim nächsten Stopp genossen wir einen super leckeren Cà Phê Sữa Đá, also einen Iced Vietnamese Coffee und das in einem schönen Café etwas abseits der ländlichen Hauptverkehrsstraße, auf der wir nur Minuten vorher noch ein Verkehrschaos mit unserer Gruppe erzeugt hatten. Wir hatten aber auch einen schönen direkten Blick auf einen kleinen Flussarm, der von den in Việt Nam so weit verbreiteten Wasserpalmen gesäumt war.
Nach gut 30 Minuten Pause ging es dann wieder auf die knatternden Vespas und wir fuhren zu einer Shrimps-Farm. Dort angekommen lauschten wir dann einer sehr detaillierten Erzählung über die Zucht dieser sehr empfindlichen Tierchen und auch, wann welche Chemikalien und Medikamente zur Gesunderhaltung der Kulturen eingesetzt werden (müssten).

Anschließend fuhren wir weiter und machten an einer Flussbrücke halt und das hätte nicht besser getimed sein können. Wir hatten diesen Blick auf einen von Wasserpalmen gesäumten Fluss und dann kam da dieses alte Fischerboot um die Flussbiegung gefahren. Perfekt.
An dem Stopp zeigte ich meinem Fahrer auch mal meine Vespa und er war sichtlich begeistert. Genau genommen war er so begeistert, dass er mit meinem Handy verschwand und das Bild einigen anderen Fahrern zeigte. Ich fragte dann noch, ob ich seine Vespa mal kurz die Straße hoch und runter fahren dürfte. Das verneinte er aber aus versicherungstechnischen Gründen sehr freundlich und bedauernd.

Nun ja, teilweise. Also die Fleischstände waren jetzt nicht so geil, wenn einen plötzlich viele Rinderaugen samt anhängender Muskulatur anschauen. Dafür war ich aber von den Fisch- und Seafoodständen wirklich begeistert. Alles war so frisch, dass es noch lebte und zappelte. Von unterschiedlich großem Fisch, über alle möglichen Arten von Garnelen und Shrimps, bis hin zu Schnecken und Muscheln.
Interessant auch, das ein deutscher Kollege des Dienstleisters und ich von einer Mutter gefragt wurden, ob wir nicht ihre wirklich bildhübsche Tochter heiraten wollten?! Ja, was in Việt Nam so alles geht und passiert...

Selbst jetzt, wo ich darüber schreibe, habe ich immer wieder dieses fette breite Grinsen im Gesicht. Ein Zeichen, dass dies eine absolut lohnenswerte Tour war. Und ich konnte bei der Tour auch ein wenig Kultur verbreiten, denn wann immer mein Fahrer eine andere Vespa passierte oder von einer passiert wurde, hielt ich dem Sozius meine Faust zum Gruße bzw. statt eines Abklatschens hin.
Nach einem gewöhnungsbedürftigem, nur durchschnittlich leckeren Mittagessen ging es dann mit Bussen weiter zu unserem eigentlichen Ziel des Tages, unseren Hotels am Mekong nahe der Stadt Cái Bè. Dazu und dem abendlichen Dinner@Mekong dann aber in einem weiteren Post mehr...
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Über mich
Ich bin ein liebevoller Vater, Candourist, Stoiker, Agilist, Product Owner, Hauptmann der Reserve, Diplom-Kaufmann und ausgebilderter Verkehrspilot (ATPL-Credit).
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