Das Bio-Gemüse-Dorf
Sonntag, 10. Mai 2020



Lesedauer: 4 Minuten
Habt ihr schon mal auf einem mindesten sieben Hektar – das sind 70.000m² – großen Feld gestanden und euch lief einfach nur das Wasser im Mund zusammen? Und dieses Fresswasser lief euch auch, egal wo ihr hingeguckt habt?Nun, neben anderen interessanten Entdeckungen und Erfahrungen kann man eine solche Erfahrung bestens im Umland von Hội An machen!
Das hatte ich im Vorwege meiner Anreise nach Cẩm An Beach so natürlich noch nicht recherchiert! Aber ich wusste von einem sehr sehenswerten sogenannten Gemüsedorf in unmittelbarer Nähe meiner Strandresidenz. So plante ich für den Sonntagvormittag meines zweiten Wochenendausflugs in Việt Nam nicht nur ein leckeres Frühstück, sondern auch eine Ausfahrt mit einem von meinem AirBNB-Host Quynh kostenlos zur Verfügung gestellten Fahrrad.
An besagtem Sonntagmorgen versuchte ich nun nach einem erlebnisreichen aber auch ziemlich anstrengenden Samstag zunächst so lange wie nur irgend möglich zu schlafen. Damit war wegen der Frühstückszeit 8:00 Uhr und dem Servieren des Frühstücks direkt vor meinem Bungalow allerdings zur gleichen Zeit Schluss. War ich aber auch nicht böse drum, schlafen kann ich ja auch noch in Hồ-Chí-Minh-City...

So vitalisiert und gestärkt ließ ich mir dann von Quynh das kostenlose Fahrrad zeigen. Das ich nicht viel erwarten konnte, war angesichts des kostenlosen Angebots ja schon im Vorwege klar! Das man den Sattel dann aber nicht ansatzweise in der Höhe verstellen konnte, war für mich Langbein dann doch eher überraschend und ziemlich von Nachteil. Aber einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul!
Ich schwang mich also auf diesen Drahtesel und machte mich auf den Weg zu einer kleinen Insel zwischen Cẩm An Beach und der Lampion-Stadt Hội An, auf der sich das viel beschriebene und so häufig empfohlene Gemüsedorf namens Trà Quế befindet. Auf der Insel angekommen war von jetzt auf gleich alles ziemlich idyllisch!
Die Straßen auf der Insel waren mit Masse lediglich breite feste Sandwege, auf denen man aber trotzdem richtig gut fahren konnte! Mopeds und deren Lärm Fehlanzeige. Überall waren fleißige Menschen am arbeiten. Sei es auf den Gemüsefeldern und -gärten, auf den Reisfeldern oder im Wasser. Mit dem Rad so durch das Dorf zu eiern und mal das richtige Landleben der vietnamesischen Bevölkerung an diesem Ort zu beobachten, war wirklich ein ganz besonderes Erlebnis.

Ich umrundete auf meiner Fahrradtour nun zunächst den westlichen Teil der Insel und konnte dabei immer wieder Fischern bei der Arbeit zusehen. Dabei kam in mir auch die Frage auf, wie man eigentlich die Menschen nennt, die Sea Food, also Muscheln, Schnecken, Krabben, Garnelen, Shripms und co züchten bzw. sammeln? Vielleicht könnt ihr mir die Frage ja beantworten?
Interessant waren bei diesen Beobachtungen die ausgeklügelten Fischfallen, die fest in den Gezeitenstrom installiert waren. Ich kannte solch einen Fischzaun aus Kappeln, wo es den historischen Heringszaun gibt. In Kappeln ist das aber ein trichterförmiges Fallensystem. Hier in Việt Nam war die trichterförmige relative kleine Falle von einem recht großen und geschlossen erscheinenden Zaun umgeben?! Vielleicht kann mir die Funktionsweise ja auch jemand von euch erklären?
Ich sah auf dem Weg auch erstmals diese wahrhaftigen Nussschalen, in denen die Fischer in dieser Region auf Meer raus paddeln. Schon interessant. Die Dinger sind ja wackelig ohne Ende und dann auch noch steuerlos. Ich konnte mich aber davon überzeugen, dass man mit den Dingern gut und zielgerichtet vorwärts kommt. Also zumindest eine entsprechende Übung und Erfahrung vorausgesetzt...

Nicht nur, dass das Dorf von Gemüse- und Kräuterfeldern um- und durchzogen war, in jedem Garten schien es auch noch einen größeren Bereich für Obst, Gemüse und Kräuter zu geben. Da sah ich dann auch erstmals diese speziellen kegelförmigen Doppelgießkannen im Einsatz. Die sollen etwa 20 Liter Wasser aufnehmen können.
Ich radelte munter weiter und erkundete so das interessante Dorfleben. Dazu gehörte auch ein mich irgendwie verstörender Anblick von Hühnern, die kaum noch Federn hatten... Die Tiere waren sehr agil, hatten ordentlich Fleisch, dass man aufgrund der fehlenden Federn ja gut sehen konnte und sie machten auch einen fitten Eindruck. Seltsam...
Ich kam der Hauptstraße, die die Insel in zwei Teile trennt, immer näher und so nahm auch der Lärm wieder zu. Es war aufgrund des herrschenden Verkehrs gar nicht so einfach, die Straße zu überqueren. Ich beschloss nach ein paar Minuten Warten am Straßenrand abzusteigen und das Fahrrad schiebend die gleiche Technik wie als Fußgänger in Hồ-Chí-Minh-City anzuwenden. Ich wartete also, bis aus beiden Fahrtrichtungen keine Autos mehr kamen und begann dann langsam aber stetig die Straße zu überqueren. Und siehe da... Heil auf der anderen Seite angekommen!

Fast am Ende der Seite angekommen, sah ich einige Touristen auf einem Weg durch die Parzellen laufen. Als ich an dem Weg ankam, war dort aber ein großes Schild aufgestellt, das darauf hinwies, dass man für diesen Weg Eintritt zahlen müsse. Ernsthaft?!
Naja, ich war vorher an einem Weg vorbeigefahren, der fast mittig durch das Feld führte. Da hatte ich kein Schild gesehen! Also machte ich mich auf den Rückweg und siehe da, kein Eintritt. Ich schob den Weg entlang und sah den Bauern staunend bei der Pflege ihres Gemüses, Obst und der Kräuter zu. Mir lief mächtig das Fresswasser.
Alles Bio, also kein Einsatz von Chemikalien! Und das Beste daran? Die Restaurants in der Umgebung und damit auch in Hội An verwenden fast ausschließlich die Produkte dieser Bio-Bauern. Zur Kulinarik schreibe ich aber noch einen weiteren lesenswerten Post.

Sind die Viecher nicht eigentlich gefährlich? Anscheinend nicht, denn wie ich erfuhr brauchen Wasserbüffel täglich ein bisschen Auslauf und für den sorgen meistens die Kinder der Bauern. Wie die dann ein mit seinen 300 bis 550 Kilogramm Gewicht durchgehendes Tier kontrollieren? Keine Ahnung. Vielleicht sind dieses Wasserbüffel ja doch ganz liebe Tiere...
Zwischen den Reisfeldern und dem Wasserlauf war eine Shrimp-Farm neben der nächsten aufgereiht. Aber auch da gab es Unterschiede. Einige waren schon modern und verfügten über motorgetriebene Paddelwellen, die Sauerstoff in die Becken bringen. Andere eher nicht. Allen gemein waren die Palmenwedel-gedeckten ärmlich Hütten. Schon krass selbst auf dem Land die armen Menschen so direkt neben den reichen Menschen hausen zu sehen.
Bei der Fahrt durch die Reisfelder und dem Blick auf viele Wasserpalmen kamen mir direkt auch Bilder aus dem Vietnamkrieg vor Augen und ich dachte nur Das war für die GIs, wie auch für die gegnerischen Kräfte bestimmt kein Spaß, ständig in diesem morastigen Feldern unterwegs zu sein.

Mit der Ankunft an dieser Hauptstraße endete mein Fahrradausflug zum so stark beworbenen Gemüsedorf und ich kann nur sagen, dass das schon eine ganz andere, sehr idyllische und ruhige Welt war, in die ich eintauchen durfte. Ein Ausflug dorthin, gerade mit dem Fahrad, ist absolut empfehlenswert!
Ich las im Vorwege von geführten Halbtagestouren. Ebenfalls mit dem Fahrrad und einem Kochkurs inkludiert. Dafür wurden zwischen 50 und 80 $US pro Person aufgerufen. Laut Tourbeschreibung konnte zumindest ich den abgerufenen Wert solch einer Tour nicht erkennen. Aber vielleicht ist euch eine solche Tour die Summe ja wert?! Mir jedenfalls nicht, aber ich entdecke ja auch gerne selbst!
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Über mich
Ich bin ein liebevoller Vater, Candourist, Stoiker, Agilist, Product Owner, Hauptmann der Reserve, Diplom-Kaufmann und ausgebilderter Verkehrspilot (ATPL-Credit).
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