Blue Angels - Zentimeter entfernt von einer Katastrophe?

Donnerstag, 27. Januar 2022
Serie Fundstücke S3 • E1
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Lesedauer: 6 Minuten

Wiedermal ein zumindest für mich interessantes Fundstück, auf das ich in den sozialen Medien aufmerksam geworden bin. Dort wurde ein Foto geteilt, auf dem augenscheinlich alle sechs Flugzeuge der US Navy Kunstflugstaffel in einem Bild gezeigt wurden. Grundsätzlich erst einmal nichts Besonderes.

Bei dieser Kunstflugstaffel der US Navy handelt es sich um die Blue Angels, die bei Flugshows mit ihren sechs Boeing F/A-18E/F Super Hornets jährlich über zehn Millionen Zuschauer begeistern. Selbst rund um ihren Stationierungs- und damit primären Trainingsort Pensacola sind die Bürger von dem, was sie da vorwiegend über dem Golf von Mexiko geboten bekommen, immer wieder schlicht begeistert. Eine Reaktion, die in Deutschland aufgrund des entstehenden Fluglärms eher unwahrscheinlich ist. Aber wie nennt der US-Amerikaner Fluglärm? The voice of freedom!

Was haben die Blue Angels und der Social Media Post nun aber mit dem Titel meines Fundstücks der Woche zu tun? Wurde ein katastrophaler Vorfall wie in Rammstein gerade noch abgewendet? Wenn du dich für Fliegerei und / oder Präzision in der Ausführung von Handlungen interessierst, dann habe ich mit diesem Post sehr wahrscheinlich etwas für dich, das dich in den Details erstaunen wird.


Während meiner beiden längeren Aufenthalte in den USA zur Jahrtausendwende hatte ich auch mehrfach das Glück, die Blue Angels oder ihr Air Force Pendant die Thunderbirds in Aktion zu sehen. Unglaublich geile, aber auch mit hohem Risiko behaftete Flugvorführungen, die man in Deutschland und weiten Teilen Europas schon damals aus berechtigten Sicherheitsgründen so nicht mehr zu sehen bekam.

Besonders Buff war ich über ihre regelmäßigen Trainingsflüge über dem Golf von Mexiko bei Pensecola. Man liegt da auf seinem Handtuch am wunderschönen, traumhaften Strand von Pensecola Beach, brutzelt mit einem eiskalten Getränk in der Sonne so vor sich hin und bekommt dann kostenlos in Sichtweite eine dieser Trainingsessions der Blue Angels geboten.

Da ich auf der Naval Air Station (NAS) in Pensecola, der Heimatbasis der Blue Angels, in den Bachelor Officer Quarters (BOQs) untergebracht war, erwähnte ich im Gespräch mit dem örtlichen Public Affairs Officer (PAO) meinen Eindruck über diese Flugvorführungen und er gab mir noch den Tipp, dem National Naval Aviation Museum auf dem Kasernengelände vor meiner Abreise auf jeden Fall noch einen Besuch abzustatten.

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Gesagt, getan. Und dann ging mir in der Halle des Blue Angels Atriums direkt die Kinnlade runter! Da hingen vier A-4E/F Skyhawk, ehemalige Flugzeuge der Blue Angels, in einer Art Diamantenformation und das so dicht, wie ich es fliegerisch selbst heute als ausgebildeter Verkehrspilot für unmöglich halte! Das kann nicht wahr sein! war mein erster Gedanke. Und dann stand da auf dem beschreibenden Schild auch noch, dass das nicht die Originalabstände seien, sondern man sich die bis auf 37 Inches und damit auf ungefähr 90 Zentimeter Abstand zwischen den einzelnen Fliegern reduziert vorstellen muss! What?! No way!

Das konnte ich mir nicht vorstellen! Auch, weil es ja in Realität zwar so nah wirkte, ich das aber immer für eine geschickte Ausnutzung von Betrachtungswinkeln hielt, um es dramatischer wirken zu lassen.

Nun wurde ich in den sozialen Medien auf ein Foto aufmerksam, das mich schockierte. Es zeigte den Flügel einer Maschine der Blue Angels über dem Cockpitglas einer anderen Maschine und das so dicht, dass man jede einzelne Schraube hätte auf Korrosion prüfen können. Und so hatte ich beim Betrachten dieses Fotos, 20 Jahre nachdem ich mit offenem Mund im Blue Angels Atrium gestanden hatte, wieder meinen ganz persönlichen What?! No way!-Moment!

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Wenn dich das nebenstehende Foto, das eine ähnliche Situation zeigt, nun schon schockiert, dann rate ich dir, das YouTube-Video definitiv im Sitzen zu schauen! Warum? Nun, Fotos sind ja nur eine Momentaufnahme und zeigen die Position unterschiedlicher Gegenstände im Moment der Belichtung. Diese Gegenstände, also die Super Hornets der Blue Angels bewegen sich aber ja generell in der Luft und damit im Gegensatz zu einem Auto im dreidimensionalen Raum!

Und damit nicht genug, denn dieser dreidimensionale Raum, die Luft, ist ja kein gleichmäßiges Medium wie eine glatte Straße. Wenn du schon mal in einem Flugzeug gesessen hast, dann kennst du die Thematik, auf die ich hinaus möchte, in Form von Turbulenzen.

Turbulenzen basieren nun aber auf Luftverwirbelungen und / oder engräumigen Unterschieden in der Strömungsgeschwindigkeit. Was du als Einflussfaktor bei den Blue Angels dann aber noch nicht kennst, sind Luftverwirbelungen, die durch andere Flugzeuge entstehen, weil in der zivilen Luftfahrt penibel auf ausreichende Abstände geachtet wird, so dass diese durch Flugzeuge erzeugten Luftverwirbelungen sich möglichst schon wieder beruhigt haben, bis das nächste Luftfahrzeug durch die selbe Luft fliegt.

Und genau das ist das, was mich an diesem Video so fasziniert. Man sieht in einigen Abschnitten dieses Videos, wie unglaublich dicht die Blue Angels in Formation fliegen. Wie die Super Hornets sich ständig in allen drei Dimensionen zueinander bewegen und das laut offiziellen Quellen bei den alteingesessenen Blue Angel Piloten auf bis zu 18 Inches, also ungefähr 45 Zentimeter! Und das ja auch nicht nur bei schnödem Geradeausflug. Nein, auch im Kurvenflug und sogar auf dem Kopf fliegend!

Was für eine psychologische Belastung? Was für eine auch körperliche Belastung? Achte nur mal auf die vielen, kleinen Korrekturen am Stick, die die Piloten ständig vornehmen müssen, um eine nur Zentimeter entfernte Katastrophe zu verhindern. Und dann ist da ja auch noch ständig die Geschwindigkeit zu regeln. Der Wahnsinn!

Um ins Auswahlverfahren für diese Kunstflugstaffel zu kommen, muss der Kandidat mindestens 1.250 Flugstunden in US Navy Jets nachweisen. Wenn man dann das spezielle Auswahlverfahren erfolgreich absolviert hat, muss man noch etwa 120 Trainingsflüge bestehen, bevor man dann wirklich in einer Flugshow in einem dieser ikonischen, blau-gelben Kampfjets sitzen darf. In den zwei bis drei Jahren bei den Blue Angels arbeitet sich ein Pilot dann vom Fliegen im äußeren Bereich der Formationen, in den zentralen Bereich bis hin zum Soloflieger, der einer Formation dann auch mal entgegenkommt, vor.

Da sitzen die Besten der Besten in diesen Kampfjets und das ganz präzise ausgewählt auf die absolut notwendigen Fähigkeiten für diesen Job und selektiert auf die tägliche Reproduzierbarkeit von absoluter Präzision, Nervenstärke und mentaler, wie auch körperlicher Fitness.

Mein Fundstück der Woche zeigt das deutlich und hat dich hoffentlich auch beeindruckt. Hast du Erfahrung mit den Blue Angels oder den Thunderbirds machen dürfen? Wie empfindest du das Video und die darin gezeigte Präzision? Wie immer würde ich mich über Beiträge von dir und dein Feedback zu diesem Post sehr freuen.


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