The longest wave

Donnerstag, 16. September 2021
Serie Kino S3 • E7
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Lesedauer: 9 Minuten

Im Juli lief ein neuer Dokumentarfilm von Robby Naish in den deutschen Kinos an. Aufgrund meiner noch nicht abgeschlossenen Covid-Impfungen war Kino für mich natürlich keine Option.

Umso mehr hat es mich gefreut, als ich vor einigen Wochen auf der Suche nach Streaming-Angeboten für diesen Film herausfand, dass das ZDF dieses 103 Minuten lange Werk kostenlos in seiner Mediathek streamt.

The longest wave, ein Film über das Leben eines Athleten, der wie kein anderer den Bereich des Wassersports über mehr als vier Jahrzehnte nicht nur auf die Landkarte der allgemeinen Wahrnehmung gebracht und geprägt, sondern vor allem auch weiterentwickelt hat. Komm mit mir auf den Spoiler-freien Ritt dieser längsten Welle.

Die Dokumentation The longest wave ist mit seinen 103 Minuten Spielzeit ein sehr langer Film. Der 1963 geborene Robby Naish ist in diesem Dokumentarfilm aber auch kein Einzeldarsteller, der die längste Welle seines Lebens versucht zu finden und zu surfen. Er erhält tatkräftige Unterstützung durch zwei seiner Vertragsathleten.

Da ist zum einen der 1974 geborene, ultimative Sportsman und Schrank von Mensch Chuck Patterson, der alles an Sport betreibt, was irgendwie mit Adrenalin zu tun hat und sich so den Nickname Captain America verdiente.

Andererseits ist auch der erst 1992 geborene Kai Lenny mit an Bord, den Robby Naish seit dem Alter von acht Jahren als Athlet unter Vertrag hat. Kai Lenny war 2012 der erste Weltmeister im Stand-Up-Paddling und gewann im letzten Jahr das Surf-Event in Nazaré, wo an wenigen Tagen im Jahr gigantische Wellen brechen.

Der Film beginnt mit einer Art komprimierten Rückblick auf das bisherige Lebenswerk von Robby Naish, denn er hat in mehr als 40 Jahren über 150 Wettbewerbe und 24 Weltmeisterschaften im Windsurfen gewonnen.

Das Intro überzeugt mit tollen Bildern von Jaws, dem eigentlich als Peahi bekannten Surfspot an der Nordküste der Insel Maui, der jedes Jahr wieder mit seinen bis zu 20 Meter hohen und sehr schnellen Wellen die Surfer-Elite anlockt.

Das Intro beginnt mit den Worten My entire live I had a purpose. Working really hard, training really hard. Waking up early, getting to the beach before everybody else. When you are competing that's what you do. That's what you are all about. Your whole live is targeting that objective and I am absolutely going to attack that. I am not ready to hang my hat up. I want to keep really pushing myself.

Nicht ohne Grund wird er daher von namhaften Interviewpartnern auch mit Michael Jordan (Basketball) und Tiger Woods (Golf) verglichen. Hier nur mal ein paar seiner wichtigsten Erfolge:
  • Weltmeister im Windsurfen von 1976–1979 und 1983–1987
  • Wave-Weltmeister 1988, 1989 und 1991
  • Weltmeister im Slalom-Kitesurfen 1998 und 1999
  • Weltmeister im Kitesurf-Sprungwettbewerb 1999
  • Geschwindigkeits­weltrekord im Kitesurfen 2001
Es wird gezeigt, wie der 13-jährige Robby Naish 1976 ganz alleine nach Nassau auf die Bahamas fliegt und dort zur Überraschung aller die World Championship im Wettbewerb mit mehr als 400 Surfern gewinnt. Interessante Ergänzung dazu, der uns allen wohl bekannte TV-Moderator Michael Schanze war einer der Kontrahenten.

Es wird gezeigt, wie eine zufällige Strandbegegnung zu einem der Glücksbringer für einen Sport wurde, der vor Robby Naishs Auftritt eigentlich nicht existierte.

Im Zuge des gesamten Films erfährt man über Interviewpartner wie Jason Polakow (2-facher Weltmeister im Windsurfen), Matt Schweitzer (18x Windsurfing Champion und Sohn des Windsurf-Erfinders Hoyle Schweitzer), Laird Hamilton (Surf Ikone), Pete Cabrinha (Windsurfing & Kitesurfing Champion) sowie Gerry Lopez (Surf Ikone) viele viele Details, die man so vielleicht noch nicht wusste.

So erfährt man, wieso Robby Naish die Segelnummer US1111 hat, dass Robby es als erster Mensch überhaupt in die Tube in Jaws schaffte oder das er diese massive Welle 1995 als erster Windsurfer ritt.

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In diesem 20-minütigen Intro bekommt auch Sylt ein paar Minuten der Würdigung. So erfährt man, dass Robby dort wohl schon etwa 6 Monate seines Lebens verbracht hat und das dieses Event das größte und älteste noch stattfindende Surf-Event der World Tour ist, zu dem er immer noch gerne als Vertreter seiner Marke kommt.

Natürlich geht es in dem Film am Rande auch um seine Firma Naish, die er gerade durch seine Teilnahme an und Erfolge in Kitesurf-Wettbewerben groß machen konnte. Sympathisch wie er das aber selbst sieht. So sagt er I love these sports and the lifestyle that they represent but I wouldn't do it if it was just about making money. To just make money there's better ways. [...] But that's not to me what live is all about.

Ich habe Robby Naish bei zwei Hangar-Parties auf Sylt auch erlebt und habe ihn dort nicht als Party-Tier, sondern als lockeren aber fokussierten Gesprächspartner kennenlernen dürfen. Etwas, das er für mein Empfinden auch in diesem Dokumentarfilm mit jedem Wort und jeder Aktion beweist.

Beispielsweise als er als der Kopf von Naish, der jeden Tag fabrikneues Gerät haben könnte, trotzdem mit seinem vorhandenen, abgenutzten Zeug an den Start geht und es im Vorwege liebevoll pflegt. Ein krass anderer Umgang als man ihn von anderen Sportlern wie Fußballern oder Basketballern in der NBA erlebt, wo man natürlich zu jedem Spiel immer ein neues Paar Schuhe tragen muss!

Robby lässt sogar tief in seine Seele blicken und plaudert über eine Phase in seinem Leben, die viele mit Midlife Crisis in eine negativ vorbelastete Schublade schieben würden. For me the most difficult part of my career life or what ever it is right now is not having that thing that I am targeted. Because now I do all these things. I ride. I am still good. I am not out of shape. But without competitions it's what are you doing? It's not the pressure from other people. It's from inside. Just needing that bulls eye that you are trying to throw the dart at the center of. And I was freaking hitting that center all the time but now it's like I am not even throwing a dart anymore. In my head I am a professional board rider. This is what I do. And if I am not there doing it who the fuck am I? I need something that I am consciously and subconsciously driven by.

Und so geht es an die Umsetzung des Projektes The longest wave. Das aber nicht ohne überraschende Probleme. So muss Robby ein paar ungewohnte, krasse sportliche Rückschläge überwinden. Und als wenn das nicht schon schlimm genug für einen Menschen zu überwinden ist, kommen auch noch private Tiefschläge und Herausforderungen bezüglich seiner Firma Naish mit in die Gesamtsituation. Für mich teilweise wirklich schlimm, ihn innerhalb kürzester Zeit so altern zu sehen!

Erste Station auf der Suche nach dem Ritt der längsten Welle ist die Skeleton Bay in Namibia, wo zwar vieles nicht wie geplant läuft, das gesamte Team aber trotzdem tolle und beeindruckende Bilder vom Kitesurfen liefert.

Zweite und letzte geplante Station für das Vorhaben ist Puerto Chicama in Peru. Aber auch hier sind die Bedingungen wieder nicht gut zum Erreichen des eigentlichen Ziels und so macht Robby das Beste aus der Situation.

Er geht raus und lernt vor sechs ständig auf ihn gerichteten Kameras Foil Surfing und das an einem Tag. Dabei zeigt er zwar seine Wettbewerbseinstellung, weil er natürlich nicht mit seinem Fortschritt zufrieden ist. Das tut er aber auf sympathische Art und Weise und sehr coole Bilder entstehen dabei auch.

Nachdem man ja nicht ohne Erreichung des eigentlichen Zieles aufgeben kann, geht es spontan noch nach Pavones in Costa Rica und der Rest ist Geschichte...

Seine beiden Töchter, geboren 1983 und 2007, geben aus meiner Sicht dem Film eine unglaubliche Tiefe. So legt seine ältere Tochter für mein Empfinden einen sehr sympathischen Auftritt hin. Sie sagt zwar die Wahrheit über den ständig abwesenden Vater, bleibt dabei aber fair und wertschätzend. So sagt sie My dad was always traveling. But that was normal to me because that's what my dad did. He would go and win windsurf and when he's back we are going to have a lot of fun together and then he would go again.

Und ihre ganze Liebe ihrem Vater gegenüber zeigt sich in einer weiteren Passage, in der sie sagt My dad is not going to stop. He always says he'll keep doing this until he dies. Which is really sad but maybe it's the truth. I just hope that the adventure my dad is on now he's doing because he knows in his heart that he's going to be happy. Cause he deserves it! Die Abschlussszene mit seiner jüngeren Tochter hat mich hingegen emotional sehr getroffen, weil ich solch eine Situation leider genauso erleben muss und ich dort wirklich mit ihm litt. Ich sah in seinen Augen, was ich an jedem zweiten Sonntag fühlen muss...

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Er konnte mich im ersten Moment aber auch mit einer Aussage sogar total überraschen! Er sagte I am uncomfortable most days! und er sagte dies im Hinblick auf die Tatsache, dass er tolle Möglichkeiten habe. Aber er fühle sich immer noch – nach mehr als 40 Jahren und als Ikone sowie Pionier gleich mehrerer Sportarten – sehr unwohl, wenn er diese Möglichkeiten in seiner Wahrnehmung nicht ausreichend nutze. Ist es genau diese innere Unsicherheit und Unzufriedenheit die Hochleistung und Erfolg produziert?

Ist die längste Welle ist in dieser Dokumentation nur eine Metapher für eine einzigartige, sehr lange Karriere, die sich nun eventuell seinem Ende nähert?

Der Film liefert eine Fülle an tollen Bildern und könnte so nicht nur für Surf-Sport-Begeisterte lohnenswert sein. In jedem Falle schaut euch den Abspann an. Young at heart und das zu 100%!!

Na? Lust dir den Film in der ZDF-Mediathek anzuschauen? Wie immer würde ich mich über Beiträge von dir und dein Feedback zu diesem Post sehr freuen.


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