Geschichts­trächtig

Montag, 08. Februar 2021
Serie NFL S3 • E13
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Lesedauer: 6 Minuten

Alljährlich lockt das größte Sportereignis der Welt die Menschen vor den Fernseher. Und so war auch ich gestern Nacht einer von geschätzten 800 Millionen Zuschauern weltweit, fieberte dem Spiel entgegen und verfolgte es dann bis zur Übergabe der Vince Lombardi Trophy um ca. 4:20 Uhr.

Für die meisten Zuschauer war es wohl schon rein wegen der Corona-Regeln ein ganz besonderer Super Bowl. Normalerweise sind Wohnzimmer geschmückt und mit einer Football-begeisterten Menge besetzt. Gestern war es dann wohl doch eher anders. Mein Snackadium blieb beispielsweise zerlegt im Kellerregal und auch sonst war es irgendwie eher ein mit wenig Aufwand betriebener Football-Abend. Ein Football-Abend wie man ihn eigentlich eher in der regulären Saison verbringt.

Besonders bemerkbar machte sich das bei mir bei der kulinarischen Begleitung des Abends. So gab es bei mir gestern keine Hamburger, Chicken Wings, Nachos und was man sonst noch alles im Kreise seiner Football-Freunde beim Super Bowl so vertilgt. Bei mir gab es einfach nur lecker Schnitzel, Chips und ein paar kalte Getränke...

Als dann gegen 0:35 Uhr endlich der Kickoff erfolgte, war die Spannung natürlich groß. Ich war heiß wie Frittenfett und hatte ja auch in meinem Warm-up-Post zum 55. Super Bowl meinen Tipp schon sehr frühzeitig abgegeben. So erwartete ich ein Duell auf Augenhöhe, das aufgrund der Super Bowl-Erfahrung in Reihen der Tampa Bay Buccaneers dann letztlich doch hart umkämpft an Tom Brady und co. gehen sollte.

Ein Match auf Augenhöhe war es dann ja auch. Aber leider nur im Verlauf des ersten Viertels. Da schalteten die D-Lines jedweden offensiven Anlauf aus. Dann mit dem Beginn des zweiten Viertels ging das Momentum aber doch deutlich auf die Seite der Buccaneers über. Warum?

Weil der Game-Plan der Buccaneers D-Line anfing zu stechen, während die Chiefs D-Line rapide abbaute. Es gelang der D-Line um Devin White, der alleine zwölf Tackles platzieren konnte, immer wieder, die gegnerische O-Line zu überwinden und extremen Druck auf den Chiefs Star-Quarterback Patrick Mahomes auszuüben.

Und irgendwie gelang es ihnen auch, sein Weltklasse-Laufspiel so zu stören, dass er in diesen brenzligen Situation immer wieder tief und ich meine wirklich tief in seine Trickkiste greifen und sein schier übermenschliches Talent zeigen musste. Dabei haute er Pässe raus, die außer ihm wohl kein Quarterback der Welt hinbekommt oder gar an den Mann bringt.

Leider, also zumindest für einen etwas spannenderen Spielverlauf wünschenswert, ließen ihn seine sonst eigentlich zuverlässigen offensiven Waffen wie Travis Kelce, Tyreek Hill oder Clyde Edwards-Helaire aber auch irgendwie ziemlich arg im Stich und hier und da scheiterten Weltklasse-Catches dann an der Spielfeldbegrenzung. Wenn es nicht läuft, kommt dann halt auch noch Pech dazu...

Aber auch die D-Line der Chiefs war irgendwie nicht so richtig bei der Sache. Und so dominierte Tom Brady die Spieluhr mit einer Vielzahl von Rush-Spielzügen, die Leonard Fournette und Ronald Jones III in 150 Yards Raumgewinn umsetzen konnten.

Tja und wenn dann das Rushing Game so gut funktioniert und dem Gegner ordentlich Schmerzen bereitet, dann reißt das irgendwann Löcher in die Passing Game Defense und diese Löcher wusste Tom Brady mit einem Raumgewinn von insgesamt etwa 200 Yards exzellent zu nutzen!

Letztlich war der Drops gut sechs Minuten nach der Halbzeitpause gelutscht. Die Kansas City Chiefs kamen nicht wirklich taktisch verbessert aufgestellt oder gar motivierter aus den Katakomben. Und Tom Brady, die Ruhe selbst, gab seine unglaubliche Erfahrung aus neun Super Bowl Teilnahmen ganz nebenbei an seine unerfahrenen Teamkollegen weiter. Ganz anders bei den Chiefs, die mit ziemlich disziplinlosem Verhalten eine völlig unnötige gelbe Flagge nach der anderen provozierten und sich so massiv um die eigenen, eigentlich guten Chancen brachten.

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Da gibt es nichts zu beschönigen, die Chiefs gingen unter, auch weil sie überraschend risikoreich gecoached wurden. Am Ende verloren sie diesen 55. Super Bowl auf gegnerischem Platz mit 9:31 und erzielten dabei nur drei Field Goals. Das heißt diese offensiv so stark aufgestellte Mannschaft blieb im Super Bowl ohne Touchdown! Und damit bewahrheitete sich eine von mir gut eine Woche vor dem Spiel gegenüber einem Football-begeisterten Kollegen gegenüber geäußerte Befürchtung. Hoffentlich gelingt es keinem der beiden Defensive Coordinators, die gegnerische Offense auszuschalten, wie es einst meine Patriots mit der im Vorwege so erfolgreichen Offense der LA Rams taten!

Ganz unabhängig davon, dass dies Todd Bowles gestern gelang, gilt es als Mitglied der Pats Nation allerdings noch eines zu bemerken. Ohne Brady's Kumpels aus Patriots-Zeiten wäre der Super Bowl offensiv wohl nicht so erfolgreich für die Buccaneers verlaufen. Allein Rob Gronkowski erzielte zwei Touchdowns und war als Tight End bester Receiver. Dazu kam dann noch ein Touchdown von Antonio Brown. Fast alle Scorer der Buccaneers am gestrigen Abend waren ehemalige Patriots-Spieler und das nicht ohne Grund! Warum?

Nun, Tom Brady hatte dies vertraglich erwirkt. Und seit dem die Buccaneers im November ein großes Tief durchschritten und Bradys Wechsel zu den Buccaneers schon als ein großer Fehler gewertet wurde, hat sich das offensive Playbook der Buccaneers quasi in das der Patriots verwandelt und das kennen ehemalige Mitstreiter wie Gronk oder Brown nun mal aus dem Effeff.

So war in den letzten Wochen kaum noch eine Spur des offensiven Konzepts von Head Coach Bruce Arians im offensiven Spiel der Buccaneers zu erkennen. Und auch wenn der von Tom Brady mit Nachdruck geforderte und letztlich auch verpflichtete Leonard Fournette dann auch noch einen Touchdown erzielte, so fühlte sich dieser Super Bowl Gewinn der Buccaneers für mich aufgrund der maßgeblich beteiligten Protagonisten dann doch eher wie einer meiner Patriots an...

Fakt ist, Tom Brady hat gestern Abend ganz deutlich gezeigt, dass er der G.O.A.T. – The Greatest of all Times – ist. Sein Name wird mit Sport-Größen wie Wilt Chamberlain, Michael Jordan oder Wayne Gretzky zu nennen sein. Mit seinem siebten Super Bowl Gewinn hat er nun mehr Super Bowls gewonnen, als jede Franchise der NFL-Geschichte!

Und das alles als 199. Pick im NFL-Draft 2000! Wie sagte Brady so schön und tränenreich in einem Fernseh-Interview Ohne das Vertrauen von Bill Belichick und den New England Patriots wäre ich heute Versicherungsvertreter. Ich bin jedenfalls gespannt, was Bill Belichick und sein Musterschüler Tom Brady in ihren Interviews der nächsten Wochen so übereinander sagen werden...

Ich freue mich jedenfalls riesig für Tom Brady und Rob Gronkowski, wie auch für die Franchise der Tampa Bay Buccaneers. Sie hatten schon Geschichte geschrieben, als sie ihr NFC Championship Game gegen die guten Green Bay Packers gewannen und somit ihr Spielerticket für den Super Bowl LV im eigenen Stadion buchten. Irgendwie musste es doch wie ein Hollywood-Drehbuch laufen... Der Sieg im eigenen Stadion war da doch nur logische Konsequenz!

Aber für mich ist dieser siebte Super Bowl Gewinn viel viel mehr. Es ist der Super Bowl Sieg mit dem Tom Brady völlig verdient seinen Status als G.O.A.T. betoniert hat. Es ist ein Zeitpunkt, der mich stolz macht, ihn und seine Karriere quasi von Anfang an begleitet zu haben und dann auch noch dabei sein zu können, wenn Geschichte geschrieben wird und das ist letzte Nacht definitiv geschehen.

Chapeau Tom Brady!!


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