Positiv?

Sonntag, 07. Juni 2020
Serie Covid-19 S2 • E1
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Lesedauer: 4 Minuten

Eine Frage, die mich seit Mitte März diesen Jahres für fast 10 Wochen beschäftigt hat! Bin ich positiv oder genauer gefragt, hatte ich Covid-19? Aber wie komme ich darauf?

Nun, ich trat am 11. März 2020 mit Flug VN31 von Hồ-Chí-Minh-City aus meine Rückreise nach Deutschland an. Ich hielt mich dabei am Flughafen – Maske tragend – von allen anderen Menschen weit fern. In der Lounge waren außer mir nur sieben weitere Gäste. Aber sechs dieser sieben Gäste husteten! Hat ja noch nichts zu sagen, aber irgendwie kein gutes Gefühl.

Der Dreamliner, der mich wieder nach Deutschland bringen sollte, war voll mit hustenden Rentnern aus meinem Heimatland. Auch hier wieder: hat zwangsläufig nichts zu sagen, hinterließ meinen Beobachtungen nach aber nicht nur bei mir ein unwohles Gefühl. Zu meinem Glück saßen die hustenden Rentner aber in der Economy Class und nicht in der Premium Economy...

Mir dämmerte, dass in meiner Risikobewertung vor Antritt meiner Dienstreise die Rückreise durch drei internationale Flughäfen überhaupt keine Rolle gespielt hatte und dass das ein schwerwiegender Fehler gewesen sein könnte?!

In Frankfurt hielt ich mich auch wieder bestmöglich fern von allen Menschen und trug weiter meine Maske. Ich war dabei absolut schockiert darüber, dass sich an der Security für die Terminalbereiche A und Z hunderte Menschen von allen Kontinenten der Welt dicht auf dicht drängten. Keinerlei Maßnahmen! Weder Wärmekameras, noch Befragungsformulare oder gar Abstandshinweise oder dergleichen mehr. Alles war wie immer?! Unglaublich! Ich versuchte Abstand zu halten und diesen auch einzufordern. Freundlich aber bestimmt. Verständnis? Wenig!

Im Flieger nach Hamburg saß ich dann als einziger Passagier maskiert. Die Blicke, die ich vor Tagen noch in Việt Nam zugeworfen bekam, weil ich keine Maske trug, erlebte ich nun, weil ich eine trug. Und ich gab dem von mir empfundenen öffentlichen Druck nach. Mit der Getränkeausgabe nahm ich meine Maske ab und sie blieb in der Hosentasche...

Für die gesamte Rückreise gilt: Ich wusch mir die Hände, wann immer es notwendig oder einfach nur möglich war! Und ich wusch sie mir gründlich, denn wie sagte ein Virologe zu dem Zeitpunkt der Pandemie bei einer Pressekonferenz so schön Häufig und gründlich Händewaschen ist jetzt das oberste Gebot. Gründlich heißt mindestens 30 Sekunden wirklich die Hände mit Seife waschen. Wer nicht einschätzen kann, wie lange 30 Sekunden dauern, einfach zwei Mal Happy Birthday singen.

Ich gestehe ein unwohles Gefühl angesichts meiner Rückreise ein! Dieses unwohle Gefühl zusammen mit dem Wissen, Schutz erlangt man nur durch drastischen Kontaktabbau und Abstand halten, war auch der Grund, warum ich mich selbstständig und vom ersten Tag meiner Rückkehr an für eine Isolation entschied. Mich schützen, angesichts meiner Rückreise aber auch andere schützen! Ich hielt die Wahrscheinlichkeit, mich bei der Rückreise irgendwie infiziert zu haben, auch angesichts meiner Vorsichtsmaßnahmen blauäugig für eher gering...

Tja, am fünften und sechsten Tag nach meiner Rückkehr bemerkte ich an mir selbst ein Kratzen im Hals, das zu leichten Halsschmerzen wurde. Am sehr frühen Morgen des siebten Tages nach Rückkehr weckte mich mein Körper um 4:30 Uhr und ich bemerkte dann, wie anstrengend es plötzlich war, einzuatmen. Meine Atemfrequenz war deutlich erhöht und ich atmete flacher als gewöhnlich, weil es so anstrengenden war zu atmen.

Komisch, weil ich mein ganzes Leben noch nie wirklich Probleme mit der Lunge hatte! Ich kann an einer Hand abzählen, wie oft ich in 45 Lebensjahren Husten hatte... Ich rief also angesichts der Symptome und deren Covid-19-Bezug bei meinem Hausarzt an, schilderte die Rückkehr und Symptome und der riet mir, die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes zu nutzen und dort abermals alles zu schildern.

Also rief ich umgehend die 116117 an und verbrachte dann gut 45 Minuten in der Warteschleife. Die Dame entschied dann anhand meiner Schilderung, dass ein Arzt mich umgehend zurückrufen würde.

Ich wartete eine weitere Stunde, bis sich eine – für mich namen- und telefonnummerlose – Ärztin bei mir meldete. Ich schilderte ein drittes Mal meine Rückreise und Symptome und das ich in meinem Leben noch nie eine Lungenkrankheit gehabt hätte. Ihre kurze und knappe Einschätzung Kein Husten, kein Fieber, keine Rückkehr aus einem Risikogebiet, kein Corona.

Auf meine ungläubige Frage, was ich denn jetzt machen sollte, antwortete sie Kurieren Sie sich aus und bleiben sie vor allem Zuhause! Auf die Frage hin, ob ich meine Tochter, die ich nur alle zwei Wochenenden sehe, an diesem Wochenende noch sehen darf, antwortete sie kurz und knapp Ja.

Ich schilderte der Mutter meiner Lütten also meine Symptome und deren Entwicklung vollumfänglich und überließ ihr die letztendliche Entscheidung, ob ich meine Lütte haben darf oder eben nicht. Ich musste der Ärztin ja glauben, auch wenn ich es innerlich überhaupt nicht tat!

post_0897_positiv_2 SARS-CoV-2 – der Virus der Covid-19 hervorruft – unter dem Transmissionselektronen­mikroskop. Credit: NIAID-RML
Ich durfte meine Lütte haben, was mich überglücklich machte und so wendete ich gewisse Sicherheitsmaßnahmen auch ihr gegenüber soweit möglich an. Ich erklärte ihr, dass wir vorsichtig sein müssten! Küssen, Hände anfassen oder gar Hände ins Gesicht des anderen seien nun erst einmal Tabu.

Das ist für ein kleines Kind natürlich schwer zu verstehen und für alle noch schwerer diszipliniert durchzuhalten. Aber – und da nutzte meine Berufserfahrung ausnahmsweise mal was – der Ansatz der Gamification half uns ungemein. Wir machten ein Spiel daraus.

Virtuelles High Five, virtuelles Fist Bombing, fliegende Küsse um nur ein paar Beispiele zu nennen. Aber auch die Tatsache, dass so tolles Wetter war und wir unseren mit sieben anderen Familien geteilten Privatweg (fast) ganz für uns hatten, verringerten das Aufeinanderhocken und damit ein von mir nicht auszuschließendes Ansteckungsrisiko hoffentlich.

Erschreckend für mich dann, dass meine Lütte am ersten Abend beim Gucken des Sandmännchens fragte Papa, warum schnaufst du so?

Im Laufe des Wochenendes fiel mir das Atmen immer schwerer. Der Brustkorb oder die Lunge – ich kann es nicht wirklich gut beschreiben – fingen auch an, leicht brennend weh zu tun. Genauso wie der Hals. Ich hatte keine wirklichen Halsschmerzen aber in Ordnung war der Rachenraum mit Sicherheit nicht! Zusätzlich veränderte sich mein Geschmackssinn.

Und noch etwas fiel mir an dem Wochenende auf. Mein Körper wollte mehr Schlaf! Das wurde im Zuge der nächsten Arbeitswoche immer mehr. Ich war abends um 20:30 Uhr todmüde und fühlte mich zunehmend auch tagsüber schon irgendwie ein Bisschen schlapp! Aller spätestens um 22:00 Uhr war ich garantiert eingeschlafen und wurde bis zum morgendlichen Weckersignal zwischen 7:00 und 8:00 Uhr auch nicht wach. Neun bis zehn Stunden Schlaf, das hab ich seit meiner Jugend nur bei Grippen erlebt und da schlief ich eher den ganzen Tag.

In der Arbeitswoche entwickelte sich dann auch ein zunächst latenter Hustenreiz, der binnen zwei Tagen dann aber zu einem dauerhaften Begleiter wurde. Aber ist das wirklich Husten oder mehr dem kratzigen Hals geschuldet?! Zusätzlich bekam ich auch leichten Durchfall und starke Kopfschmerzen... Und selbst einer Kollegin fiel mein schweres Atmen während eines Video-Calls auf.

Und dann zeigte eines Abends auch mein Geruchssinn, dass er verwirrt oder gar weg war. Tja, was denkt ihr? Hatte ich Covid-19 oder eher nicht? Nun, wenn euch interessiert, wie es mit mir und meiner Gesundheit weiterging, dann schaut bald wieder rein, denn in einer Fortsetzung dieses Posts werde ich dann die weitere Entwicklung schildern...
Kommentar der Redaktion:

Für alle, die dies für einen Scherz halten: Nein, dies ist ausdrücklich kein Scherz!

Ich will hier nicht rumheulen oder auf die Tränendrüse drücken! Aber ich will euch nachdrücklich wissen lassen, dass selbst die von mir bis hierhin geschilderten Symptome kein Spaß sind! Diese ständige Anstrengung beim Atmen bis hin zur echten Sauerstoffunterversorgung, die auftretenden Schmerzen, die psychische Belastung durch die Wahrnehmung, medizinisch allein gelassen zu werden, die Isolation und Symptome,... All das ist selbst bei Einzelbestandteilen eine Erfahrung, auf die ich gut hätte verzichten können und die ich meinen Feinden nicht wünschen würde!

Und was man seinen Feinden nicht wünscht, wünscht man seinen Lieben doch erst recht nicht, oder?! Also bleibt diszipliniert...

Daher mein ausdrücklicher Appell: Haltet euch weiterhin an die Vorgaben, haltet Abstand, tragt Maske und bleibt möglichst viel Zuhause. Haltet das Hygienelevel hoch, damit euch meine Erfahrungen erspart bleiben!


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